Von Seidennägeln bis Acryl: Die Geschichte der Kunstnägel
Die Anziehungskraft gepflegter Hände mit schönen Nägeln, die natürlich erscheinen und sich durch eine hohe Stabilität auszeichnen, sorgt für die Beliebtheit von künstlichen Fingernägeln. Sie bieten nicht nur eine haltbare Verschönerung der Naturnägel, sondern können durch Tips und Schablonen auch stabile lange Nägel schenken, erklärt unsere Nagelexpertin Stefanie. Heute werden die Kunstnägel aus modernsten und äußerst haltbaren Werkstoffen gefertigt, doch die Verschönerung und Verlängerung des Naturnagels mit verschiedenen Methoden ist in vielen Kulturen der Welt bereits seit Jahrhunderten beliebt.
6 Gründe für die jahrhundertelange Beliebtheit von Kunstnägel
- Viele Gestaltungsmöglichkeiten
- Individuelle Lebensart zeigen
- Persönlichkeit ausdrücken
- Sozialen Status angeben
- Reichtum zeigen
- Zeichen der Macht
Die Fingernägel erweckten schon zu Beginn der Kupferzeit das kosmetische Interesse, denn ihre Farbe und Form kann immer wieder verändert werden und lässt viele Gestaltungsmöglichkeiten zu. So wurden sie schon früh zum Instrument, um die ganz persönliche und individuelle Lebensart zu zeigen. Sie eignen sich als Sinnbild des Inneren eines Menschen und verleihen der Persönlichkeit Ausdruck im Äußeren mithilfe der individuellen Gestaltung, erklärt unsere Nageldesignerin Stefanie. Die verschönerten Naturnägel gaben aber auch den sozialen Status an, zeigten den Reichtum und waren Zeichen für die Macht der Trägerin oder des Trägers. Das Geschlecht spielte im Laufe der Jahrhunderte, anders als heute, oftmals keine Rolle bei der Verzierung mit künstlichen Nägeln: So war es im alten Babylon vor mehr als 3000 Jahre v. Chr. durchaus üblich, dass sich vor allem Männer die Nägel an Händen und Füßen mit besonderen Mineralien lackierten, um ihre Position in der Gesellschaft zu verdeutlichen: Je dunkler und intensiver die Farbe, umso höher der soziale Status des Trägers.
Kleopatras schöne Nägel: Die Anfänge der Kunstnägel
Die frühen Hochkulturen, von Südamerika über China bis nach Ägypten, hatten ein breitgefächertes medizinisches Wissen und legten viel Wert auf Hygiene, Pflege und Schönheit. Im alten Ägypten setzten die Damen bereits vor rund 5000 Jahre v. Chr. auf farbenfrohe Nägel und färbten diese mit dem Saft von Pflanzen und Beeren, später auch mit zermahlenem Elfenbein oder Goldstaub. Diese Liebe der Ägypterinnen für gepflegte und schöne Nägel blieb über die Epochen erhalten und Kleopatra, die letzte Königin des altägyptischen Reiches, setzte bereits auf künstliche Nägel aus Porzellanpulver, das mit einer Haftflüssigkeit aufgebracht wurde. Ein ansprechendes, attraktives Aussehen galt als besonders erstrebenswert, denn die äußere Vollkommenheit war eng mit den spirituellen Vorstellungen vom ewigen Leben und dem Abbild der Götter verbunden.
Ming-Dynastie und Antike: Kunstnägel bleiben im Trend
Im China der Zhou-Dynastie (ca. 1122-770 v. Chr.), die von einem wirtschaftlichen Aufschwung und vielen technologischen Neuerungen gekennzeichnet war, gibt es weitere geschichtliche Zeugnisse für Kunstnägel: Die weiblichen und männlichen Mitglieder der reichen und angesehenen Königsfamilien färbten sich die Nägel mit dem schimmernden Staub von Silber und Gold, um ihre gesellschaftliche Position zu verdeutlichen, während ihren Untergebenen das Färben der Nägel verboten war. Der anhaltende Nageltrend zeigt sich auch zu Zeiten der Ming-Dynastie (1368-1644). Diese Zeit zeichnete sich vor allem durch einen boomenden Binnenhandel und ein starkes Bevölkerungswachstum aus. Lange Nägel wurden vor allem von adligen Damen getragen und sollten zeigen, dass sie reich sind und es nicht nötig haben, ihre Hände für die Arbeit zu benutzen – so können sie es sich „leisten“, lange Nägel zu tragen. Die Kunstnägel dieser Zeit tragen jedoch die Herren, denn sie verstärken ihre Nägel mit Seide, Reispapier oder pulverisiertem Porzellan, um ihren gehobenen Status zu unterstreichen.
Kunstnageltrend in 🇪🇺 Europa & USA 🇺🇸
Um die Nägel zu färben, wurden im Laufe der Zeit auch in Europa verschiedene Rezepte entwickelt, die sich um das Jahr 1800 unter anderem in Kochbüchern finden lassen. Die Rezepturen, sowie die dazugehörigen, oftmals sehr teuren und seltenen Zutaten waren so begehrt, dass sie als wertvolle Tauschgüter zum Einsatz kamen. Die Verbreitung des Trends zu schönen, künstlichen Nägeln wird unter anderem durch die Griechinnen zu Beginn des 19. Jahrhunderts befeuert. Um die Zugehörigkeit zur Oberschicht zu symbolisieren, klebten sich wohlhabende Damen leere Pistazienschalen auf die Nägel. Bereits im Jahre 1878 eröffnet Mary E. Cobb in Manhattan den ersten Manikürensalon, nachdem sie ihr Handwerk in Frankreich gelernt hatte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nimmt dieser Trend in den Vereinigten Staaten Fahrt auf: Immer mehr Friseure und Kosmetikstudios bieten nun auch die Nagelpflege an. Die legendäre Filmproduktionsfirma MGM beschäftigte erstmals eine Nageldesignerin, die sich ausschließlich um die Verschönerung der Nägel der Stars kümmerte.
Vom Medizinprodukt zum Kunstnagel
Der Chemiker und Zahnarzt Fred Slack arbeitete als Entwickler für Produkte aus dem Bereich der Zahnmedizin und forschte an Materialien für hochwertige Zahnkronen und Zahnbrücken. Im Jahr 1954 verletzt er sich bei seiner Tätigkeit an seinem Fingernagel. Da er mit einem Mix aus Monomeren (reaktionsfähigen Molekülen) und Polymeren arbeitet, entscheidet er, diese auf seinen verletzten Nagel aufzubringen und das Material mit einer Form in Position zu halten bis es ausgehärtet ist. Als er die Form entfernte, behielt der Nagel eine schützende Schicht und seine naturidentische Form. Unter dem künstlichen Nagel aus zahnmedizinischem Kunststoff konnte sein natürlicher Nagel sich regenerieren und wieder wachsen – der erste Acrylnagel war geboren!
Kunstnagel auf Acryl- und Gelbasis
Fred Slack und seine Familie entwickelten das Acryl-System immer weiter, sodass ihre Erfahrungen und Forschungsergebnisse bis heute die Grundlage für alle Acryl-Produkte sind. Sie waren auch die ersten, die Acryl für das Nageldesign herstellten, das nicht gelblich wurde und sich gut auftragen ließ. Die einzelnen Komponenten von Monomer und Polymer wurden unter dem Begriff Acryl zusammengefasst. Obwohl alle Gele und Acrylprodukte streng genommen Acryl sind, bezeichnet man in der Nagelmodellage heute die Verwendung eines flüssigen Monomers (Liquid) und eines feinen pulvrigen Polymers als Acryl-Modellage – je nach Produkt härten diese Modellagen selbst aus oder werden durch eine UV-Lampe ausgehärtet. Gel für die Nagelmodellage besteht ebenfalls aus modellierfähigem Kunststoff, wird aber immer unter einer UV-Lampe ausgehärtet. Neben Gel und Acryl gibt es auch das Fiberglassystem, bei dem früher Streifen aus Glasfasern oder aus Seide mit einem Resinkleber schichtweise auf den Nagel aufgebracht wurden. Heute gibt es Fiberglasgele, die diese Komponenten bereits miteinander verbinden und sich durch eine hohe Haltbarkeit und Stabilität auszeichnen.